Transkription
Journalist.
Christoph Wanner für uns in Kiev.
Christoph was ist denn aus ukrainischer und aus russischer Sicht von diesem Telefonat zwischen Trump und Putin zu halten.
Kommt es Russland nicht sogar eher ungelegen derzeit?
Christoph.
Also im Prinzip, sind wir momentan in einem Erschöpfungskrieg.
Eigentlich sind wir schon seit anderthalb Jahren in einem Abnutzungskrieg.
Aber immer wieder gibt es auch Bewegung und dann bekommt diese Kampfhandlungen etwas Dynamik.
Aber es ist eben doch sehr viel Stellungskrieg, Materialschlacht.
Und beide Seiten nimmt das enorm mit.
Das ist Kräfte raumend.
Und das betrifft die Russen wie die Ukrainer.
Also von daher gesehen, müssten eigentlich beide Länder ein Interesse daran haben, dass das endlich aufhört.
Das ist das eine.
Aber jetzt lass uns dazu kommen was da morgen, bei diesem Telefonat besprochen wird.
Und noch eine Information vorweg.
Wenn dann jetzt beschloss werden sollte, dass ein Waffenstillstand vereinbart wird, dann ist auch die große Frage: wie lange erhalt?
Das kann wir ja vorher auch keiner sagen.
Weil es gibt auf beiden Seiten enorm viele Hardliner, die das eben nicht wollen, dass die Waffen ruhen.
Auch wenn sie wissen, dass ein Zermürbungskrieg extrem viel Kraft kostet.
Sie bleiben dabei.
Und sagen: wir haben unsere Ziele nicht erreicht, wir wollen keinen Frieden.
Es gibt auf ukrainischer Seite solche Leute wie auf der russischen Seite.
Und das ist wohl die größte Gefahr wenn ein Waffenstillstand herrschen sollte.
Ob der überhaupt hält?
Oder ob der torpediert wird, sabotiert wird?
Von allen Seiten, kann dir heute keiner sagen.
Das was morgen zu erwarten ist auch schwierig jetzt ä zu prognostizieren.
Trump und Putin werden wahrscheinlich versuchen da irgendeinen gemeinsamen Nenner zu finden.
Und Trump hat gesagt ja man redet über Territorialfragen, man redet über die Zukunft des größten Atomkraftwerkes in Europa dem AKW Saporischschja (Запорожье).
Und man redet auch
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über bilaterale Beziehungen,
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gemeinsame Ausbeutung von Rohstoffen,
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wie sich dann die geschäftlichen Beziehungen in naher Zukunft entwickeln könnten?
Aber voraussetzung dafür ist natürlich auch die Waffenruhe, sonst kann sich auch da nichts entwickeln.
Also es sind viele offene Fragen.
Ich habe den Verdacht, dass vieles jetzt nach den Vorstellungen der Russen beginnen könnte zu laufen.
Ich möchte da sehr vorsichtig sein,
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dass die im Prinzip, die Territorien die sie erobert haben, behalten können
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dass die Ukraine auf eine natomitgliedschaft ganz offiziell verzichten muss, Neutralität versprechen muss
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dass die Ukrainer keine Atomwaffen kriegen
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dass die Truppenstärke eingeschränkt wird der Ukrainer.
Das könnte alles in diese Richtung laufen.
Und dann stellt sich die Frage: was bekommen denn die Ukrainer eigentlich wenn sie einer Waffenruhe oder Waffenstillstand, wenn sie dem ganzen zustimmen sollten?
Auf diese Frage habe ich im Augenblick überhaupt keine Antwort.
Es kann sein ,dass man dann sagt ja: wenn die Amerikaner hier Rohstoffe Ausbeuten, dann ist das automatisch eine Sicherheitsgarantie.
Weil wenn die Amerikaner im Land sind dann trauen sich die Russen auch nicht anzugreifen.
Das ist ja das was Trump gesagt hat.
Aber das reicht Selenski nicht.
Wie soll er das denn vor seinen eigenen Leuten verkaufen?
Wie soll er sich denn hinstellen und den Ultranationalisten und Hartlinern sagen:
- ja wir kriegen gar nichts die Russen
Alles also das ist alles noch komplett unausgegoren.
Und deswegen auch so schwierig einzuschätzen.
Journalist.
Christoph was bedeutet das ganze aber für die Soldaten an der Front?
Denn, immer wenn es um mögliche Friedensgespräche geht, habe ich den Eindruck, dass beide Seiten fast noch unerbittlicher an der Front angreifen.
Christoph.
Ja, momentan gehen die Kämpfe mit voller Wucht weiter.
Ich weiß gar nicht wie ich das noch formulieren soll.
Wir sagen immer mit unverminderter Härte.
Ich will eigentlich jetzt mal kein Blatt vor den Mund nehmen und sagen wie es ist.
Das Schlachten geht weiter.
Ist unvorstellbar wie viele Menschen jeden Tag sterben.
Und jetzt greifen auch die Russen in Saporischschja (Запорожье) an.
Im Süden des Kriegsgebietes, wo lange eigentlich relative Ruhe war, jetzt sind sie aktiv wieder und greifen an der Nähe von Orikhiv (Орехов) und haben da wohl auch schon step neu erobert ein kleines Örtchen.
Aber da gab es eigentlich lang keine Eroberungen mehr.
Heute wohl die erste er oder vielleicht sogar drei Dörfer in der Nähe von Orikhiv (Орехов) etwas westlich davon.
Dann im Donbas (Донбасс) gehen die Kämpfe weiter.
Ballungsraum Pokrovsk (Покровск) da hatten die Ukrainer wieder Initiative in letzten Tagen.
Jetzt scheint es aber auch schon nicht mehr ganz so gut zu klappen mit der ukrainischen Offensive.
Die Oberhand schinen die Russen wieder zu haben.
Dann Toretsk (Торецк) auch in der Provinz Donezk (Донецк), heftigste Kämpfe.
Dann russisches Kernland Kursk (Курская), die Provinz die Ukrainer halten da noch so einen Mini Brückenkopf, werden rausgedrückt peu à peu.
Und jetzt besteht auch die Gefahr, dass die Russen in die Provinz Sumy (Суми) eindringen.
Also in die Nachbarprovinz der Provinz Kursk, Kursk russisches Kernland, Sumi Ukraine.
Also man sieht schon das ist genauso heftig, wie die ganze Zeit.
Und wahrscheinlich hast du sogar recht wenn du sagst, dass das alles noch vehementer ist, als es vor einigen Wochen waren.
Als ob alle noch versuchen würden möglichst viel sich zu schnappen, möglich viel zu erobern bevor es dann vielleicht zu einem Waffenstillstand kommt.
Christoph ganz herzlichen Dank für all deine Information und diese eindringlichen Schilderungen aus Kiev.